Donnerstag, 27. Februar 2014

Die Sache mit den Tabletts



Wenn ich wie gestern, einige Zeit im sogenannten Trennraum verbringe, drängen sich mir Gedanken auf, die sich im wesentlichen damit beschäftigen, ob unsere Gäste eigentlich noch der menschlichen Rasse zuzuordnen sind.
Im Trennraum werden die Hinterlassenschaften unserer Gäste entsorgt. Man räumt die Tablettwagen aus, kippt das, was Plastik ist in eine Tonne und das was Papier oder Karton ist in eine andere. Soweit so unproblematisch.  Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht, denn wir haben ja Gäste, die nicht sicher noch der menschlichen Rasse zuzuordnen sind.
Nehmen wir mal diejenigen, die wenn sie bei uns essen, Ketchup und/oder Mayo auf die Papiereinlage des Tabletts drücken.  Einige schaffen es dabei nicht, Ketchup oder Mayo auf die Papiereinlage zu drücken und es landet auf dem Plastiktablett, gerne auch mal auf den Griffen des Tabletts. Da wir die Tabletts stapeln, bevor wir sie mit desinfizierendem Reiniger abwischen (und zwar jedes einzelne per Hand) kommt es mehr als einmal vor, dass man, wenn man ein Tablett vom Stapel nimmt voll in die Sch...Mayonnaise greift. DAS IST EKELHAFT!!!
Warum in drei Teufels Namen patscht man Ketchup und/oder Mayo auf dieses Papier (und verreibt es noch)?? Es erschliesst sich mir nicht.
Weitere Zweifel an einer zivilisierten Erziehung habe ich, wenn ich Tabletts abräume in denen 2-3 cm hoch Kaffee, Cola oder ein anderer Softdrink aus unserem Angebot steht. Gerne auch mal gemischt mit einem Ketchup-Mayo-Fleck. Lecker! Gebrauchte Babyfeuchttücher oder Babygläser mit unbekanntem Inhalt auf dem Tablett lassen ebenfalls Freude aufkommen.
Apropos Softdrinks....wir sind ein Gasthaus in dem der Gast bei der Bestellung eines Getränks einen Becher bekommt, der ihm Zugang zur Softdrinkzapfanlage im Gästebereich und unbegrenzten Refill garantiert. Will irgendwer wissen, wie viele von den Bechern, die ich vom Tablettwagen nehme, fast randvoll sind? Ich persönlich glaube, dass auf jeden getrunkenen Becher mindestens einer kommt, dessen Inhalt bei  uns im Ausguss landet. Warum macht man sich den Becher so vollhaut um ihn dann halbleer wieder wegzustellen, erschliesst sich mir nicht. Scheint dieses Phänomen zu sein, wie man es aus ägyptischen all inclusive Hotels und den Russen immer wieder bei RTL explosiv zu sehen bekommt .
Kommen wir zu einem weiteren und für mich absolut unverständlichen Punkt: das Essen unter dem Tisch. Letztens  hat mich ein Gast drauf aufmerksam gemacht, dass unter dem Nebentisch quasi noch eine ganzes Möwemenü in Teilen auf dem Boden liegt. Pommes, Burger und sogar eine Getränkepfütze. Ich habe das mit dem Satz „manche von unseren Gästen essen halt unter dem Tisch“ kommentiert. Manche ist dabei ein Euphemismus. Es sind viele. Es sind so viele, dass letztens meine Kollegin Frau E. Meinte:  „ob es bei denen zuhause wohl auch so aussieht?“
Ich denke nein. Zuhause haben sie ja keinen der ihnen im Halbstundentakt hinterher wischt...

Dienstag, 25. Februar 2014

Dentale Desaster

Das Restaurant "Zur goldenen Möwe" befindet sich in einer Kleinstadt in einem Zonenrandgebiet in dem es, meiner Erfahrung mit unseren Gästen nach, mehr Nagelstudios als Zahnarztpraxen gibt. Wenn die Leute vor dem Counter auftauchen bleibt es nicht aus, dass sie den Mund aufmachen und oft, wirklich sehr oft, ist das, was man dann sieht nicht nur optisch die Pforte zur Hölle. Ich rede hier nicht von schiefen oder nicht ganz 100%ig perlweissen Zähnen - ich rede von braunen Zahnstümpfen, gerne ins schwarz-gräuliche chanchierend, von Zahnbelag, der aussieht als wäre er nur eine Verpuppungsphase davon entfernt sich in etwas 4-Beiniges zu verwandeln und von Kauleisten, die den Namen nicht verdienen.
Wo ich mich noch bis vor kurzem gewundert habe, wo RTLII die dentalen Trümmerhaufen für die Realityshow "Furchtbar schön" zusammengetrieben hat, kann ich hier und heute berichten: dieses Rätsel ist gelöst.
Letztens tauchte eine Dame vor mir auf: grellrot gefärbtes Haar, durchgestyltes, hochpreisiges Outfit, mit Schmuck behängt, die Nägel frisch geglittert und gelackt (spitz zugefeilt). Eine gepflegte Frau um die 35, die dezent nach Parfüm duftete - und dann machte sie den Mund auf.
Meine Herrschaften! Die untere Zahnreihe bestach durch ihre Farblichkeit: schwarzer Zahnstumpf zwischen einem Fanal in braun und grau, leicht grünstichig. Die obere Zahnreihe bestand aus einer schiefen Reihe in monochromem braun. Als die Dame zu sprechen anfing wehte mir nicht nur ein Geruch wie aus der Gruft entgegen, es hatte auch ganz den Eindruck, als müsse sie beim Sprechen ihre schwarzen Zahnreste mit der Zunge vom Herausfallen abhalten.
Und da stehst du nun und sollst freundlich lächeln. Ich bin empfindlich was üble Gerüche angeht und just, als diese Frau so vor mir stand und mich über die Kasse hinweg anatmete fing mein Magen an zu rebelieren.
Was also macht der freundliche Servicemitarbeiter? Er lächelt und atmet durch den Mund weiter und heftet seine Augen fest auf den Monitor um sich nicht schlagartig auf den Counter und vor die Gäste zu erbrechen.
Glaubt mir, diese Kundin ist keine Ausnahme! Auf jeder Schicht hatte ich bisher mindestens einen Fall, der einem Zahnarzt, einem Dentallabor und einem Kieferchirurgen über Jahre das Auskommen sichern könnte. So wie gestern: ER geschätzte 46-50, sehr gepflegt, jugendliche Markenklamotten, SIE schätzungsweise Mitte-Ende 30 und auch in hochpreisige Marken gewandet. Als sie den Mund aufmachte konnte ich nicht mehr Pommes-Ketchup-Cola denken. Ich hab mir ab da überlegt, dass die beiden, die offensichtlich ein Paar waren, vermutlich auch Zärtlichkeiten austauschen und dass ihn ihre gräulich-braune Tropfsteinhöhle entweder nicht stört oder er sich damit arrangiert hat . In beiden Fällen gilt: wie verzweifelt kann mann sein??
Natürlich frage ich mich
a. Wie lange hat man sich die Zähne nicht mehr geputzt, dass die SO aussehen und
b. Warum lebt man freiwillig mit sowas?

Und natürlich frage ich mich

c. Will ich das wirklich wissen????

Ich hasse Kindertüten!

Seit kurzem arbeite ich im Gasthaus zur Goldenen Möwe. Es ist kein Traumjob, aber irgendwie muss ich ja Geld verdienen und wenn man am Rande der Zivilisation wohnt, gibt der Arbeitsmarkt auch nicht viel her.
Dadurch, dass das Gasthaus in einer Gegend steht, die man wohlwollend durchaus mit dem Terminus "Ghetto" bezeichnen könnte, aber auch verkehrsgünstig an einer Hauptverkehrsader liegt, ist das Klientel entsprechend. Vom Manager bis zum Hartzer sind sie alle vertreten und man kann nicht mal sagen, dass die einen oder die anderen überwiegen.
Nachdem die ersten Wochen der Aklimatisierung vorbei waren, hab ich angefangen Sozialstudien zu betreiben und mir die Leute genauer anzusehen. Davor war ich eher damit beschäftigt nicht über die eigenen Füsse zu fallen.
Man kann sagen, dass es  ca 6-7 Gruppen von Gästen im Gasthaus gibt in die jeder Gast in irgendeiner mehr oder weniger ausgeprägten Form passt. Eine Gruppe sind die Kindertütenmütter

Ich HASSE HASSE HASSE Kindertüten. Ich kann inzwischen einem Gast an der Nase ansehen ob er eine Kindertüte will oder nicht.Warum ich Kindertüten hasse? Weil die Leute, die sowas bestellen sowas von ...wie sagt man das nett.....bescheuert sind(ich hab lange nachgedacht,es geht nicht nett), das man sich fragt wie die überhaupt den Weg ins Gasthaus gefunden haben. Wir reden hier von der Bestellung einer Kindertüte  und nicht dem Neukauf eines 60000 Euro Familienautos, aber bei einigen Leuten scheint das ähnlich schwierig zu sein, wenn es darum geht eine Kindertüte für 3,69 zu ordern.
Worum geht es? Eine Kindertüte besteht aus einer kleinen Portion Fritten, einem Getränk und einem Burger oder Hühnchenkleinteilen. Dh. der Gast bestellt eine Kindertüte und als freundliche Servicekraft fragt man folgenden Sermon ab:
"Mit was möchten Sie denn die Kindertüte? Pommes?Ketchup? Welche Sosse zu den Hähnchenkleinteilen?Und welches Getränk soll dazu? Welches Spielzeug??"
Die Reaktion der motivierten Eltern nach der ersten Frage ist diese: GRENZENLOSES FRAGEZEICHEN. Man kann es sogar sehen....
Dann wird nachgedacht. Ist ja nicht so, dass man ins Gasthaus kommt, weils grad da steht und man sich mal die Auslage anschauen will...nee, im Grunde weiss man ja was es bei uns gibt, das Angebot ist durchaus überschaubar und soweit bekannt. Es verirren sich auch ganz selten mal Leute ins Gasthaus, die noch nie vom Gasthaus gehört haben...
Richtig fies wirds übrigens, wenn die Eltern im Zuge der Darstellung eines sehr eigenen Selbstbildes, ihren Nachwuchs fragen ob er Hamburger, Cheeseburger, Fishburger oder Hähnchenkleinteile will. Kinder im Alter von sagen wir mal 5 sind mit sowas total überfordert und reagieren entsprechend verstört und bockig. Was die Eltern dazu bringt die Entscheidung erst mal mit dem Kind zu besprechen. Inzwischen hätte man halb Indien bedienen können, bis sich das Kind dazu entscheidet, dass es Hähnchenkleinteile oder doch lieber einen Burger haben will. Das ganze setzt sich dann mit den anderen Bestandteilen der Kindertüte fort. Ein Phänomen über das wir an anderer Stelle mal nachdenken müssen ist die scheinbar existentielle Frage nach Ketchup oder Mayo. Menschen sind schon hinter dem Counter gestorben, weil sich der Gast auf der anderen Seite nicht entscheiden konnte ob er das eine oder das andere oder nichts von beidem  möchte. Deswegen dauern Kindertütenbestellungen in der Regel 10 Mal so lange wie andere Bestellungen und deswegen hasse hasse hasse ich Kindertüten.

Sozialstudientechnisch bin ich jetzt da, dass es wirklich immer eine bestimmte Sorte von Eltern ist, die diese Kinderüten selbst für die Allerkleinsten bestellen. In den allermeisten Fällen sind es die Eltern von Kevins und Chantalles und anderen Hochhausnamen. Klingt böse, aber es ist wie ich schon sagte nur eine Beobachtung.
Letztens hatte ich eine Kindertütenmutti, die gleich 2 von diesen Dingern bestellt hat. Das eine Kind war vielleicht 6. das andere konnte nicht mal laufen, geschweige denn sprechen. Was das Kind mit der Kindertüte gemacht hat, ich weiss es nicht.
Ich weiss natürlich, dass die Kindertüte Vorlieben für das Produkt Gasthaus im Kindesalter fixieren soll und für das Gasthaus ist das mit Sicherheit eine lukrative Sache. Aber es ändert nichts daran: ich hasse Kindertüten.